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§839a BGB: Haftung des Sachverständigen

Die Haftung des gerichtlichen Sachverständigen bemisst sich nach §839a BGB. Wir erklären Euch diesen in diesem Artikel.

Das ist eigentlich ein recht einfacher Paragraph, der nicht viele Anforderungen stellt. Dieser Paragraph lautet:

Wortlaut §839a BGB, §839 Abs. 3 BGB

§ 839a
Haftung des gerichtlichen Sachverständigen
(1) Erstattet ein vom Gericht ernannter Sachverständiger vorsätzlich oder grob fahrlässig ein unrichtiges Gutachten, so ist er zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der einem Verfahrensbeteiligten durch eine gerichtliche Entscheidung entsteht, die auf diesem Gutachten beruht.
(2) § 839 Abs. 3 ist entsprechend anzuwenden.

§839a BGB

§839 Abs. 3 BGB lautet:

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

§839 Abs. 3 BGB

Rechtliche Voraussetzungen der Gutachterhaftung nach §839a BGB

Rechtliche Voraussetzungen sind daher:

  • Ein Gericht muss den Sachverständigen benannt haben
  • Es muss ein unrichtiges Gutachten vorliegen.
  • Das Gutachten muss grob fahrlässig oder vorsätzlich falsch sein.
  • Eine Entscheidung muss hierauf basieren.
  • Der Geschädigte darf es nicht versäumt haben, gegen die Entscheidung und das Gutachten vorzugehen.

Gerichtlicher Gutachter

Es muss sich um einen gerichtlichen Gutachter handeln. Ich selbst vertrete allerdings die Auffassung, dass auch der behördlich bestellte Gutachter hierunter fällt. Letztlich haftet jeder Gutachter, auch der privatrechtliche, dann eben nach fehlerhaftem Dienstleistungsvertrag und ggf. ohne die weiteren Haftungseinschränkungen des §839a BGB. Der Fall Diemers vgl. hier auf der Seite hat ja bewiesen, wie schwierig die Abgrenzungen sind. Aber dabei wurde auch deutlich, dass immer jemand haftet.

Unrichtiges Gutachten

Ein unrichtiges Gutachten könnt ihr über meine kritische Gutachtensrezension anfechten

oder über methodenkritische Stellungnahmen/Obergutachten.

Falsche Anknüpfungstatsachen

Oft sind auch falsche Anknüpfungstatsachen vorhanden, so dass die Entscheidung BGH XII ZB 68/09 Rn. 42 das Gutachten unverwertbar sein lässt:

Im Ausgangspunkt zu Recht hat das Beschwerdegericht allerdings die seitens des Amtsgerichts veranlasste Stellungnahme des psychologischen Sachverständigen, wonach das Kind aus psychologischer Sicht zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht zur Mutter zurückgeführt werden sollte, unberücksichtigt gelassen. Die Ergebnisse der Begutachtung konnten schon deshalb nicht ohne weiteres in die Würdigung einbezogen werden, weil der Sachverständige teilweise unzutreffende bzw. ungeklärte Anknüpfungstatsachen zugrunde gelegt hatte.

BGH XII ZB 68/09 Rn. 42

Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit

Das Gutachten gem. §839a BGB muss vorsätzlich oder grob fahrlässig falsch sein. Einfache Fahrlässigkeit reicht nicht aus. Vorsatz ist oft schwer zu beweisen und führt zudem dazu, dass eine Haftpflichtversicherung ggf. nicht mehr eintreten muss.

Vorsicht vor dem Vorsatz: Das kann die Haftpflichtversicherung des Gutachters entlasten! Und ob der Gutachter ausreichend Geld hat…

Die Gutachter werden also versuchen, leichte Fehler zu behaupten.

Entscheidung basiert auf Gutachten

Weiter muss eine Entscheidung hierauf basieren. Vergleiche sind also ein Problem, weil keine Entscheidungen, Antragsrücknahmen auch. Ob man gleichwohl vorgehen kann wird sich unter anderem darauf stützen, ob die Gutachten noch zu Euren Lasten verwendet werden.

Rechtsmittel einlegen!

Es gelten vor allem aber auch die Haftungsausschlüsse bei nicht eingelegten Rechtsmitteln. Man muss also Rechtsmittel einlegen wie die Beschwerde. Verfassungsbeschwerden sind insoweit keine Beschwerden i.S. des §839a BGB. Auch Anträge auf Obergutachten oder Beweisermittlung können hierunter fallen. Nicht gefordert ist aber eine Gutachterablehnung, weil diese nicht den Inhalt des Gutachtens, sondern nur die Person des Gutachters angreift.

Dieser Artikel wird noch ergänzt und erweitert. Kommt also einfach regelmäßig zurück.

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Typische Fehler des Jugendamtes

Typische Fehler des Jugendamtes, die zu Schadensersatz und Amtshaftungsansprüchen führen können, werden von mir in diesem Artikel beschrieben. Diese Liste wird nicht abschließend sein, und sie wird laufend erweitert.

Keine Gefährdungseinschätzung nach §8a SGB VIII

Das SGB VIII sieht vor, dass bevor einer verwaltungsrechtlichen Inobhutnahme eine Gefährdungseinschätzung vorzunehmen ist:

(1) Werden dem Jugendamt gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohls eines Kindes oder Jugendlichen bekannt, so hat es das Gefährdungsrisiko im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte einzuschätzen.

§8a SGB VIII

In vielen Verfahren, insbesondere solchen, die danach in ein gerichtliches Verfahren übergehen, liegt ein solches Protokoll bzw. eine Gefährdungseinschätzung nicht vor. Auch wenn kein Zusammenwirken mehrerer Fachkräften vorliegt, möglichst unterschiedliche Berufsgruppen, kann ein typischer Fehler des Jugendamtes vorliegen. Dies löst die Haftung aus.

Das Jugendamt lügt

Wenn das Jugendamt lügt, kann das eine strafbare Verhaltensweise darstellen. Dadurch werden viele Amtspflichten verletzt. Mehr zu diesem Thema lest Ihr auf meiner Familienrechtsseite:

Keine kindeswohlorientierte Vorgehensweise

Spätestens seit diversen Reaktionen auf Richter, die §1666 Abs. 4 BGB auch auf Schullehrer anwenden wollten hat der BGH klargestellt, dass dieser nicht auf „den“ Staat anwendbar ist und „Dritte“ im Sinne des Gesetzes keine Behördenmitarbeiter. Im Umkehrschluss heisst dies dann aber, dass Amtshaftung die einzige Lösung ist neben Sorgerechtsanträgen.

Dies kann sein, wenn der Umgang rechtswidrig verkürzt, Verfahren verschleppt oder unnötige Behandlungen aus „Bequemlichkeit“ durchgeführt werden. Auch das Jugendamt muss Maßnahmen am Kindeswohl orientieren, Verstöße hiergegen können Schadensersatzansprüche auslösen.

Rückführungsbemühungen vereitelt

Selbst wenn eine Herausnahme zulässig sein sollte, muss die Rückführungsoption nach dem EGMR immer offen bleiben. Wenn hier aber keine Förderung durch das Jugendamt (als Ergänzungspfleger/Amtsvormund) stattfindet, dann brauchen wir uns alle nicht wundern, wenn Rückführungen nicht stattfinden. Solche Vereitelungen von Kinderrechten kommt häufiger vor. Schwer wird hier allerdings der Nachweis sein und die Kausalität eines Schadens.

Haftung des Jugendamtes für typische Fehler

Wenn die oben genannten oder sonstige Fehler vorliegen und bewiesen werden können, zum Beispiel über das Recht auf Akteneinsicht, dann liegt eine Haftung nahe. Die typischen Fehler des Jugendamtes müssen dann nur noch auf Amtspflichten subsumiert werden, also einer solchen zugeordnet werden und eine Verletzung auch der Amtspflicht bejaht werden. Dann steht Schadensersatzansprüchen nach §839 BGB nichts mehr im Weg.

Mehr zu den Amtspflichten lest Ihr hier:

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Urteile

Nur eingeschränkter Schadensersatz bei Amtshaftung?

Das Landgericht Bonn hat in seiner Entscheidung 1 O 443/20 die Aussage getroffen, dass anders als in §253 BGB vorgesehen nur ein eingeschränkter Schadensersatz möglich ist:

Bei einer Haftung nach § 839 BGB ist die Zahlung eines Schmerzensgelds jedoch nur für die Entziehung der Freiheit und bei Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts anerkannt (BGH NJW 2014, 2029, 2031; Dörr in Beck-OGK, § 839 Rn. 544).

LG Köln, 1 O 433/20, S. 16

Fehlerhafte Argumentation

Diese Entscheidung ist nicht nur inhaltlich falsch, sie widerspricht auch der weitergehenden Rechtsprechung von Oberlandesgerichten, wie der des OLG Koblenz zu fehlerhaftem Gutachten einer Rechtsmedizinerin im Auftrag des Jugendamtes.

Dort wird nämlich richtigerweise ausgeführt:

„Nach überkommenem Rechtsverständnis haftete der Sachverständige (nur) bei einem schwerwiegenden Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht oder sonst ein absolutes Rechtsgut“

OLG Koblenz 1 U 832/15

Absolute Rechtsgüter

Ein absolutes Rechtsgut definiert sich wiederum wie folgt:

Absolut geschützte Rechtsgüter zeichnen sich dadurch aus, dass sie gegenüber jedermann schadensersatz- und grundsätzlich auch strafrechtlich geschützt sind. Im Schadensersatzrecht findet sich dieser Schutz in § 823 Absatz 1 BGB. Dieser schützt jedoch nicht nur die Rechtsgüter an sich, sondern auch absolute dingliche Rechte wie beispielsweise das (ausdrücklich genannte) Eigentum.

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Geschützt ist damit neben Leben und körperlicher Unversehrtheit die Gesundheit, das Eigentum und sonstige Rechte. Die vom Landgericht vorgenommene Entscheidung ist also weder gesetzlich vorgesehen noch in der Rechtsprechung anerkannt. Der Rechtsfehler rührt daher her, dass man auf eine Entscheidung des BGH zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht abstellt, nicht aber zu einer zur Amtshaftung. Dies entspricht auch dem §253 Abs. 2 BGB, der explicit hierzu ausführt.

Für mich ist klar, dass sowohl die Freiheit als auch die Gesundheit bei jedem Eingriff in Art. 6 II GG betroffen ist. Eltern leiden körperlich-seelisch. Sie sind auch nicht in der Lage, sich frei zu bewegen, wenn sie die Nähe zu einem Kind und damit den Kontakt nicht aufgeben oder einschränken wollen. Aber die Entscheidung zeigt, wo der Schuh drückt: Der Staat möchte sich aus der fiskalischen Verantwortung stehlen. Und dazu nutzt er alle Argumente. Eingeschränkter Schadensersatz ist meiner Meinung nach rechtswidrig.

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Erläuterungen

§839 BGB: Haftung bei Amtspflichtverletzung

Dreh- und Angelpunkt der Amtshaftungsklage ist §839 BGB: Die Haftung bei Amtspflichtverletzung ist die Überschrift des Paragraphen, der eigentlich gar nicht so schwer zu verstehen ist:

Der § 839 BGB

§839 BGB lautet wie folgt:

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.
(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.
(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

§839 BGB im Internet

Bestandteile des Tatbestandes des §839 BGB

Also eigentlich ist das ganz einfach, wenn man den Paragraphen in seine Bestandteile zerlegt:

  • Verletzt
  • ein Beamter
  • vorsätzlich oder fahrlässig
  • eine Amtspflicht
  • gegenüber einem Dritten
  • muss dieser Schaden ersetzt werden.

Zusätzlich gilt gem. Art. 34 GG, dass die Verantwortlichkeit den Staat trifft. also nicht der Beamte selbst den Schaden ersetzen muss.

Für Richter gilt, dass bei diesen neben einer Pflichtverletzung zusätzlich immer eine Rechtsbeugung vorliegen muss.

Weiter muss man alle Rechtsmittel eingelegt haben, um den Schaden zu verhindern.

Alles eigentlich gar nicht so schwierig, oder?

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Ich biete Rechtsgutachten hierfür an. Mehr Infos findet ihr hier.

Natürlich sind die Details etwas umfangreicher, wie Ihr am Aufbau meines Buches zur Amtshaftungsklage erkennen könnt. Das liegt auch an einer umfangreichen Fallrechtsprechung zum Thema, die ich auf dieser Seite für Euch vorstelle. Daher lautet meine Gliederung in meinem Band 1 zum Amtshaftungsanspruch auch wie folgt:

  • Amtsträger
  • Öffentliches Amt
  • Ausübung des Amtes
  • Verletzung
  • Drittbezogenheit
  • Verschulden
  • Schaden
  • Subsidiarität
  • Richterspruchprivileg
  • Versäumung Rechtsmittel
  • Andere Ersatzmöglichkeit
  • Amtspflichten, die verletzt wurden

Mein Buch zu §839 BGB

Mein Buch könnt Ihr übrigens im Buchhandel oder auf Amazon erwerben:

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Amtshaftungsklage

Sammelband im Buchhandel, ISBN 9783750286245, 30 €, z.B. hier
Einzelbände auf Amazon je 14,99 € hier und hier

Worauf es bei §839 BGB ankommt

Im Familienrecht wird es letztlich nur darauf ankommen, ob eine Amtspflichtverletzung bewiesen werden kann und darüber hinaus ob diese Amtspflicht zu einem Schaden geführt hat.

Diese beiden Punkte sind die streitentscheidenden, zumal es Gerichte gibt die die Auffassung vertreten dass es nur eingeschränkten immateriellen Schadensersatz geben kann in der Amtshaftung (was falsch ist).

Die weiteren Aspekte spielen sicherlich auch eine Rolle, aber nicht dieselbe wie z.B. im Verwaltungsrecht. Beachten und prüfen sollte man sie freilich alle.

Amtshaftungsklagen zu begründen ist also kein Problem. Die tatsächlichen Risiken liegen auf fiskalischem Gebiet, weil es Geld kostet, und dass man oft viele Informationen erst nach Jahren erhält und damit Verjährung eine erhebliche Rolle spielt.

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Erläuterungen

Vorteile einer Amtshaftungsklage

Eine Amtshaftungsklage hat viele Vorteile. Der wichtigste ist, dass Ihr das Heft der Argumentation in der Hand habt (Beibringungsgrundsatz) und damit das Gericht Beweisermittlungen durchführen muss – anders als im Strafverfahren oder Familienrechtsverfahren nach FamFG.

Kläger prägt das Verfahren – ein wesentlicher Vorteil

Dieser erste Schritt ist entscheidend: Denn Eure Schwerpunktsetzung prägt das Verfahren. Kein Richter wird sich durch die Akten pflügen. Daher setzt ihr die ersten Punkte und damit die bleibenden Erinnerungen. Ihr könnt in der Klage aussprechen, ohne Unterbrochen zu werden. Das ist ein strategischer Vorteil, den es nicht zu unterschätzen gilt.

Vorteil ist auch, dass in der Regel eine Kammer aus drei
Richtern entscheiden wird und dass die Landgerichte (mit Ausnahme von
Straf- und Betreuungsrecht) selten die familienrechtlichen Mandate
bearbeiten. Sie sind also weniger voreingenommen, kennen weniger das,
„was man schon immer so gemacht hat“.

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Man kennt sich nicht näher

Sie sitzen nicht jeden Tag mit den eigentlich kritisierten Familienrichtern (im Strafrecht mag anderes gelten) in der Kantine zusammen und kennen diese nicht unbedingt näher, von Fortbildungen z.B.

Zwar ist man immer noch auch Richter, aber der typische Stallgeruch, „wir sind alle gleich“, fehlt oder ist weniger stark ausgeprägt. Oft denkt man über andere ja nur so schlecht, wie man selber ist. Ein aufrechter Richter wird daher beharrliches Ignorieren von Rechtsprechung des BVerG nicht für möglich halten. Da man die Fachmaterie weniger kennt, wird man gezwungen, sich in die rechtlichen Probleme einzuarbeiten. Das kann der Rechtsfindung nur helfen. Nichts ist schlimmer als Halbwissen: Das gilt auch hier. Da Haftungsrichter kein vertieftes Wissen haben, ist dies positiv.

Vorteil der Amtshaftungsklage: Ihr sagt an

Diese Mischung lässt Eure Chancen erhöhen. Ihr habt ein offeneres Ohr, ihr bestimmte Schwerpunkte, ihr sprecht zuerst, ihr bestimmt die Beweismittel und die Beweismaterie. Auch wenn das Gericht autark entscheidet, wird es nicht umhin kommen, Eurem Gedankengang zu folgen.

Ein weiterer Vorteil ist, dass im Zivilverfahren eben keine Amtsermittlung
gilt. Das klingt zuerst als Nachteil, weil man selbst alles vortragen muss.
Das ist in Wahrheit aber ein Riesen Vorteil. Denn das Gericht wird
gezwungen, alles zu lesen und entsprechende Beweise zu erheben. Den
Spielraum, den ein Straf- oder Familienrichter haben, bei der Prüfung ob
eine Beweisaufnahme stattfindet, haben Zivilrichter in einem erheblich
geringeren Umfang. Sie müssen alle Beweise erheben, die für die
Tatbestandsvoraussetzungen relevant sind.
Ein weiterer Vorteil ist, dass man in der Regel den Streitwert selbst
bestimmen kann. Dabei gilt wie immer der Grundsatz: Was nichts kostet,
ist nichts wert. Oder anders formuliert: Einen Schaden von 100 € zahlt ein
Gericht aus der Portokasse, 100.000 € hingegen sind da eine ganz andere
Hausnummer.
So etwas versaut nicht nur den Etat des Gerichtes und der
Justizverwaltung, man wird gezwungen sich zu überlegen was es kosten
Mitarbeiter oder Richter fortzubilden. Denn Bekanntermaßen und
Unbestritten ist die Qualität in familiengerichtlichen Verfahren nicht in
dem Maße vorhanden, wie gewünscht.

 

Die Nachteile einer Amtshaftungsklage lest Ihr hier:

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Erläuterungen

Nachteile einer Amtshaftungsklage

Eine Amtshaftungsklage viele Nachteile, die man kennen muss. Neben dem finanziellen Aspekt ist ein Hauptnachteil erheblich:

Nachteil: Anwaltszwang

Die Amtshaftungsklagen sind nach § 71 Absatz 2 Nr. 2 GVG https://www.gesetze-im-internet.de/gvg/__71.html unabhängig
vom Streitwert immer durch das Landgericht zu entscheiden Klagen gegen den Anwalt oder den Sachverständigen fallen hierunter nicht .

Somit muss nach § 78 ZPO immer ein Anwalt die Klage einreichen und vertreten (Anwaltsprozess https://dejure.org/gesetze/ZPO/78.html). Damit einher geht aber auch ein höheres Kostenrisiko.

Denn einerseits muss sich also auch der Staat als Gegner durch einen Anwalt
vertreten lassen, so dass im Fall dass man nicht gewinnt doppelte Anwaltskosten zu tragen hat.

Andererseits ist man hier in dieser von vielen Anwälten ungeliebten Materie auch oft in der Problematik, keinen (kompetenten) Ansprechpartner
vor Ort zu finden.

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Ein weiteres Problem ist, dass Quasi eine „Neubewertung“ von Verfahren stattfindet, was mit der Unabhängigkeit des Gerichtes konkurriert. Richter wollen ungern diesen Part des Nestbeschmutzens übernehmen.

Mit Behörden streiten kann künftiger Nachteil sein

Weiter ist es erheblich problematisch, dass Ihr gegebenenfalls Richter oder Behörden angreift, die später mit Euch noch zusammenarbeiten (müssen). Das führt zu dem Problem, dass die Stimmung noch schlechter ist und ihr daher mit Euren Bemühungen noch mehr Gegendruck erhaltet.

Schadensersatz in Deutschland wird oft nur mit geringen Beträgen bemessen, bei denen kein Lerneffekt einsetzen kann. Die (bekannten) Entscheidungen haben allesamt geringe Streitwerte. Hoher Schaden wird oft vergleichsweise beendet, ohne dass man konkret etwas erfahren muss (Stillschweigen).

Belastung einer Amtshaftungsklage ist ein Nachteil

Ein Nachteil, den man nicht vergessen sollte, möchte ich aber am Schluss
erwähnen: Die Belastung, die mit einer solchen Klage einhergeht, sollte
nicht unterschätzt werden. Ihr müsst Stunden um Stunden in alten Akten
wühlen und werdet emotional in Themen eingesetzt, die ihr eigentlich
schon vergessen haben wolltet. Plötzlich kann es sein, dass das Amt
wieder vor der Tür steht und euch kontrolliert. Kurz: Es ist ein
zermürbender Kampf Gut gegen Böse, bei dem das Böse darauf hofft, dass
Euch Kraft, Energie, Geld und Kampfesmut ausgehen. Man sollte sich
bewusst sein, worauf man sich einlässt! Psychiater würden euch
empfehlen, nach vorne zu schauen und alte Wunden nicht wieder
aufreißen zu lassen. Nirgends als in der Antwort auf die Frage, ob man
sich diese Belastung antut, wird es deutlich wie sehr man dem Staat wie
David bei Goliath unterlegen sein könnte. Wenn man so ein Verfahren
durchzieht, dann eben ganz, dann darf diese Situation und Angst zu keiner
elastung führen.

Letztlich, und das ist Vor- und Nachteil zugleich, beurteilen Zivilrichter einen Sachverhalt aus einer Rechtsmaterie, die sie im Alltag nicht bearbeiten, von der sie also keine Ahnung haben. Manchmal ist das gut, weil man dann genauer hinschaut. Manchmal fehlt aber Detailwissen.

Alles in Allem hat eine Klage immer Vor- und Nachteile. Aber ich bin nach wie vor der Meinung, dass wir nur auf diese Weise ein fehlerhaftes System verbessern können. Insoweit ist Amtshaftung die Antwort auf alle Rufe nach Qualitätsverbesserung im Familienrecht und anderen Rechtsbereichen.

Vorteile einer Amtshaftungsklage lest Ihr hier:

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Amtspflichten Erläuterungen

Welche Amtspflichten gibt es?

Welche Amtspflichten gibt es eigentlich? Das erkläre ich Euch in diesem Artikel. Die einzelnen Amtspflichten werden dann noch Stück für Stück vorgestellt in eigenen Beiträgen.

Diese Amtspflichten gibt es

Amtspflicht zu rechtmäßigem Verhalten
Amtspflicht, unerlaubte Handlungen zu unterlassen
Verbot, rechtswidrige Rechtsakte zu erlassen
Amtspflicht, zuständigkeitsgemäß zu verhalten
Erforschung des Sachverhalts als Amtspflicht
Pflicht zu verhältnismäßigem Verhalten
Amtspflicht zu fehlerfreier Ermessensausübung
Amtspflicht zu rascher Entscheidung
konsequentes Verhalten als Amtspflicht
Amtspflicht zur Erteilung ordnungsgemäßer Auskünfte
Fehlerbehebung als Amtspflicht
Amtspflicht zur rechtzeitigen Warnung
Amtspflicht zur sorgfältigen Prüfung

Staatsmitarbeiter müssen diese Pflichten beachten

Ausnahmslos müssen Behördenmitarbeiter, aber in gewisser Hinsicht auch Richter, diese Pflichten zur Amtsausübung beachten. Dabei sind die meisten eigentlich moralisch „selbstverständlich“ wie dass man eigene Fehler behebt oder keine unerlaubten Handlungen vornimmt. Auch Sorgfältigkeit oder den Sachverhalt erst prüfen und dazu auch Ermitteln sind Dinge des Alltags, die eigentlich keine gesonderte Erwähnung brauchen. Und doch finden hier sehr viele Fehler statt.

Diese Pflichten gehen aber auch ineinander über. Das heißt, dass oft mehrere Amtspflichten betroffen sind. Welcher Amtspflicht man ein Verhalten zuordnet ist dabei nicht so relevant. Wichtig sind die Verstöße und dass man diese belegen kann.

Diese Fehler finden oft statt

Jeder Amtspflicht steht also auch ein Fehler der Verwaltung oder des Gerichtes gegenüber. Dies gilt zum Beispiel bei der Sachverhaltsermittlungspflicht. Wer den Sachverhalt nicht richtig ermittelt, macht in der Entscheidung in der Regel Fehler. Wer sich nicht zuständigkeitsmäßig verhält, der trifft eine falsche Entscheidung.

Ein Schwerpunkt in den von mir ausgewerteten Verfahren im Familienrecht ist meist die nicht ordnungsgemäße Sachverhaltserforschung und zu nicht verhältnismäßigen Entscheidungen.

Je nach Rechtsgebiet kann dies aber auch andere Amtspflichten betreffen.


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Meine Bücher

Buch: Die Amtspflichten

Mein zweites Buch zur Amtshaftungsklage aus der Reihe Familienrecht handelt von den Amtspflichten. Es heißt „Die Amtshaftungsklage – Die Amtspflichten“ und behandelt die unterschiedlichen Fehler, die Behördenmitarbeiter machen können.

Was finde ich in diesem Buch zu den Amtspflichten?

Es ist eine Einführung in die beachtenswerten Aspekte bei der Amtshaftungsklage.

In diesem Buch wird nicht nur ein „Klagegerüst“ vorgestellt, sondern auch alle Amtspflichten aufgeführt und einleitend erklärt.

Die (bis zum Erscheinen des Buches) wichtigsten Entscheidungen zur Höhe der Schadensersatzansprüche sind ebenfalls aufgeführt.

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Die Amtshaftungsklage: Amtspflichten
ISBN-13: ‎  979-8608782398 (bestellen: Amazon)
Sammelband „Die Amtshaftungsklage“
ISBN-13: ‎  9783750286245 (bestellen: Buchhandel)

Das Inhaltsverzeichnis 2. Teilband:

  1. WEN VERKLAGEN? DAS LEID MIT DEN VERTRETUNGSORDNUNGEN 7
  2. VERJÄHRUNG 9
  3. AMTSPFLICHTEN 14
    11.1. Amtspflicht zu rechtmäßigem Verhalten 14
    11.2. Amtspflicht, unerlaubte Handlungen zu unterlassen 16
    11.3. Verbot, rechtswidrige Rechtsakte zu erlassen 17
    11.4. Amtspflicht, zuständigkeitsgemäß zu verhalten 18
    11.5. Amtspflicht zur Erforschung des Sachverhalts 20
    11.6. Amtspflicht zu verhältnismäßigem Verhalten 22
    11.7. Amtspflicht zu fehlerfreier Ermessensausübung 24
    11.8. Amtspflicht zu rascher Entscheidung 24
    11.9. Amtspflicht zu konsequentem Verhalten 25
    11.10. Amtspflicht zur Erteilung ordnungsgemäßer Auskünfte 26
    11.11. Amtspflicht zur Fehlerbehebung 27
    11.12. Amtspflicht zur rechtzeitigen Warnung 28
    Amtshaftungsklage: Die Amtspflichten
  4. AMTSPFLICHTEN UND RICHTER 30
    12.1. Abgrenzung zu Beamtenamtspflichten 30
    12.2. Rechtsbeugung 31
  5. PFLICHTEN DES SACHVERSTÄNDIGEN 35
    BESONDERHEITEN BEI FALSCHEM
  6. GUTACHTEN/ANWALTSBERATUNG 36
  7. URTEILE UND AMTSHAFTUNG.ORG 37
  8. POSITIVE URTEILE 38
  9. NEGATIVE URTEILE 42
  10. KLAGEGERÜST 44

Einen kleinen Einblick findet ihr auch auf Amazon kostenlos.

Für alle Schnäppchenjäger gibt es wesentliche Inhalte in meiner kostenlosen Videoreihe auf YouTube. Schaut dort einfach mal hinein.

Für wen dieses Buch ist

Dieses Buch ist für alle, die sich schnell einen Überblick verschaffen wollen. Es ist für diejenigen, die wissen wollen, wo die wesentlichen Problemfelder sein können. Meine Ausführungen sind ein Einstieg in die Materie und als Hilfe beim Sortieren der eigenen Akten mehr als geeignet.

Für wen dieses Buch nicht ist

Dieses Buch ist nicht geeignet, wenn Ihr ein schnelles Manual zu Schadensersatz sucht oder eine Blaupause für die erfolgreiche Amtshaftungsklage. Es ist auch kein Fachbuch, das wie ein Kommentar die Rechtsprechung zusammenfasst. Mein Anspruch sind einfach zu verstehende Ratgeber für jedermann.

Anwalt empfohlen trotz meines Ratgebers

Nicht nur weil die Amtshaftungsklage den Landgerichten zugewiesen ist, sondern weil das Sortieren der Argumente Akten und Rechtswissen benötigt, empfiehlt es sich dieses Buch nur als Leitfaden zu sehen, um zusammen mit dem Anwalt die Akten zu systematisieren.

Es macht wenig Sinn, zu glauben dieses Buch hätte die alleinige Lösung für die Probleme parat.

Videos von meinem neuen Kanal:

Die alte Reihe auf dem alten Kanal:

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Hilfe bei Amtshaftungsklagen

Hilfe beim Gutachten anfechten benötigt? Du oder Dein Anwalt, Ihr wisst nicht wie es geht, meine Bücher „Die Amtshaftungsklage“ sind Euch nicht ausreichend, zu unverständlich oder mehr? Dann habe ich für Euch eine Lösung:

Bestellt ein Rechtsgutachten über die Erfolgsmöglichkeiten einer Amtshaftungsklage bei Michael Langhans

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Mit dieser „zweiten“ Meinung unterstützt Ihr Euren Anwalt bei der Entscheidungsfindung, ob eine solche Klage Aussicht auf Erfolg hat.

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Amtshaftung Jugendamt wegen fehlerhaftem Gutachten

Ein Rechtsmediziner, der im Auftrag des Jugendamtes zur Gefahreneinschätzung vor einer Inobhutnahme handelt, haftet nicht selbst nach §839a BGB. Denn insoweit ist er Amtsträger i.S. §839 BGB, so dass eine Eigenhaftung gem. Art. 34 GG ausgeschlossen ist. Amtshaftung Jugendamt wegen fehlerhaftem Gutachten wurde dadurch allerdings so weit bejaht, dass die Schadenszahlung im Fall Diemers vergleichsweise erledigt werden konnte. Es sollen, so hier die Informationen, 107.000 € gewesen sein.

Keine persönliche Haftung der von einem Jugendamt beauftragten Sachverständigen für grob fehlerhaftes Gutachten

Es kommt also immer darauf an, wer den Gutachter bestellt und wann dies erfolgt. Erfolgt die Gutachterbestellung durch die Eltern, dann haftet dieser entweder nach allgemeinen Regeln, wenn eine Entscheidung i.S. §839a BGB nicht ergangen ist, oder eben nach §839a BGB direkt. Wenn er durch das Gericht bestellt wird, haftet er immer nach §839a BGB.

Doch erfolgt vor einem gerichtlichen Verfahren, im Verwaltungsverfahren, die Tätigkeit, die zum Schaden führt, dann haftet die Behörde.

Ob jenseits dessen eine Haftungsgrundlage auch im allgemeinen Deliktsrecht (§§ 823 ff. BGB) gefunden werden kann, mag dahinstehen. Nach überkommenem Rechtsverständnis haftete der Sachverständige (nur) bei einem schwerwiegenden Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht oder sonst ein absolutes Rechtsgut bei einer leichtfertig unrichtigen, der Sachkunde völlig entbehrenden Begutachtung (vgl. BGH NJW 1989, 2941; OLG Schleswig NJW 1995, 791OLG Frankfurt OLGR 2008, 300 Tz. 31; s. auch BVerfGE 49, 304, 316 ff.).

OLG Koblenz 1 U 832/15

Schwerwiegende Eingriffe in absolute Rechtsgüter notwendig

Nur schwerwiegende Eingriffe in das allgemeine Persönlichkeitsrecht oder sonst absolute Rechtsgüter können insoweit zu einer Haftung führen. Solche absoluten Rechtsgüter sind Leben, körperliche Unversehrtheit (in §823 BGB noch als „Körper und Gesundheit“ benannt) und Freiheit. Die rechtlich spannende Frage ist, ob bei Kindesentziehung durch Inobhutnahme eine Freiheitsentziehung auch dergestalt vorliegt, dass die Eltern dann gezwungen sind in der Nähe des Kindes zu leben oder Kontaktabbruch als Gesundheitsschaden zu provozieren. Dies ist meines Wissens aber noch ungeklärt.

Unverwertbares Gutachten

b) Die Beklagte zu 2. hatte im Auftrag des Jugendamtes ein Gutachten nach Aktenlage zu erstellen; ihr lagen die Krankenblattunterlagen der beiden Kinder sowie Auszüge aus der Ermittlungsakte betreffend den Verkehrsunfall vom 17. April 2012 vor. In ihrer Begutachtung – Rechtsmedizinische Einschätzung – vom 23. Mai 2013 hat die Beklagte zu 2. im Hinblick auf den Kläger zu 4. eine sichere Beurteilungsgrundlage wegen „derzeit zu spärlicher Anknüpfungstatsachen“ vermisst; im Hinblick auf den Kläger zu 3. hat sie hingegen nach der Aktenlage den „hochgradigen Verdacht auf ein (wahrscheinlich mehrzeitiges) stattgehabtes Schütteltrauma“ geäußert – sich aus dem Akteninhalt ergebende alternative Ursachen hat sie dabei mit Eindeutigkeit ausgeschlossen:

Daher ist die ärztliche Einschätzung, dass es sich um einen familiär bedingten benignen Makrozephalus handeln würde, aus hiesiger Sicht in keinster Weise nachvollziehbar. (…)

Der Verkehrsunfall (…) war aus rechtsmedizinischer Sicht zweifelsfrei nicht geeignet, diese Befunde zu verursachen.

OLG Koblenz 1 U 832/15

Zielsetzung des Gutachtens entscheidend zur Zuordnung hoheitliche Tätigkeit

a) Ob sich das Handeln einer Person als Ausübung eines öffentlichen Amts darstellt, bestimmt sich danach, ob die eigentliche Zielsetzung, in deren Sinn der Betreffende tätig wird, hoheitlicher Tätigkeit zuzurechnen ist und ob zwischen dieser Zielsetzung und der schädigenden Handlung ein so enger äußerer und innerer Zusammenhang besteht, dass die Handlung ebenfalls als noch dem Bereich hoheitlicher Betätigung angehörend angesehen werden muss. Dabei ist nicht auf die Person des Handelnden, sondern auf seine Funktion, das heißt auf die Aufgabe, deren Wahrnehmung die im konkreten Fall auszuübende Tätigkeit dient, abzustellen. Dabei ist es zur Einstufung der Tätigkeit eines Prüfers (Sachverständigen) als Ausübung eines öffentlichen Amts nicht erforderlich, dass dieser selbst (zwangsweise durchsetzbare) Maßnahmen gegen die von seiner Prüftätigkeit betroffenen Personen ergreifen kann; es genügt vielmehr, dass seine Arbeit mit der Verwaltungstätigkeit einer Behörde auf das Engste zusammenhängt und er in diese so maßgeblich eingeschaltet ist, dass seine Prüfung geradezu einen Bestandteil der von der Behörde ausgeübten und sich in ihrer Verwaltungstätigkeit niederschlagenden hoheitlichen Tätigkeit bildet. Des Weiteren kann der Prüfer (Sachverständige) als Beamter im haftungsrechtlichen Sinne anzusehen sein, wenn er von einem Hoheitsträger im Einzelfall mit der Beschaffung wesentlicher Entscheidungsgrundlagen und insoweit mit einem in die Zuständigkeit des Hoheitsträgers selbst fallenden Teil einer öffentlichen Aufgabe betraut wird. Es ist weiter zu beachten, dass der gesamte Tätigkeitsbereich, der sich auf die Erfüllung einer bestimmten hoheitlichen Aufgabe bezieht, als Einheit beurteilt werden muss und es nicht angeht, die einheitliche Aufgabe in Einzelakte – teils hoheitlicher, teils bürgerlich-rechtlicher Art – aufzuspalten und einer gesonderten Beurteilung zu unterziehen (vgl. BGHZ 181, 65 = NJW-RR 2009, 1398 Tz. 10 ff.; BGHZ 191, 71 = VersR 2012, 317 Tz. 13; BGHZ 200, 253 = NJW 2014, 1665 Tz. 31).

OLG Koblenz 1 U 832/15

Da die Prüfung durch das Gutachten eng in die Verwaltungstätigkeit eingebracht war und wesentliche Entscheidungsgrundlagen lieferte, kann man den einheitlichen Lebenssachverhalt nicht in eine privatrechtliche und eine hoheitliche Komponente aufspalten.

Handeln in Ausübung des anvertrauten öffentlichen Amtes

b) In Anwendung dieser Grundsätze kann im vorliegenden Fall festgestellt werden, dass die Beklagte zu 2. in Ausübung eines ihr anvertrauten öffentlichen Amtes gehandelt hat. Das Jugendamt hat im Rahmen des ihm aufgegebenen Schutzauftrages das Risiko einer Gefährdung des Kindeswohls im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte einzuschätzen (§ 8a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII). Es hat unter Zeitdruck eine regelmäßig komplexe und folgenreiche Entscheidung von weitreichender Bedeutung zu treffen; hierzu dürfen neben eigenem Fachpersonal auch externe Fachkräfte (Ärzte, Psychologen, Polizeibeamte etc.) mit beratendem Status hinzugezogen werden (vgl. BeckOK SozR/Winkler, 39. Edition [Stand: September 2015], § 8a SGB VIII Rn. 7; Wiesner, SGB VIII, 5. Auflage 2015, § 8a Rn. 26 ff. und § 72 Rn. 14).

OLG Koblenz 1 U 832/15

Ein Gutachten für das Jugendamt ist kein Gutachten i.S. d. SGB X, weil sie zur Erfüllung des grundgesetzlich normierten Wächteramtes erfolgt:

Die Beklagte zu 2. wurde hier – wie bereits gezeigt (sub II.1.a) – als beratende Rechtsmedizinerin in das Fachkräfteteam des Jugendamts zur Gefahrenabschätzung integriert und sie wurde demzufolge – entgegen der Auffassung des Landgerichts – gerade nicht als (selbständige) Sachverständige im Rahmen eines (sozialrechtlichen) Verwaltungsverfahrens (i.S.d. § 21 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X) berufen. Die vom (externen) Rechtsmediziner angeforderte gutachterliche Einschätzung dient unmittelbar der Schaffung wesentlicher – regelmäßig sogar tragender – Entscheidungsgrundlagen zur Ausübung des dem Jugendamt überantworteten staatlichen Wächteramts und ist mithin besonders eng und untrennbar mit dem hoheitlichen Handeln der Behörde verbunden. Die vom Landgericht vermisste gesetzliche Grundlage findet sich – wie gezeigt – in § 8a SGB VIII. Funktion und Aufgabenbereich des Fachkräfteteams des Jugendamts sind dort hinreichend bestimmt; die Umstände der Vergütung des Sachverständigen sind ohne Belang (BGH NJW 2014, 1665 Tz. 37). Soweit der Bundesgerichtshof im Einzelfall beim Tätigwerden von Sachverständigen im behördlichen Aufgabenkreis eine Haftungsbefreiung abgelehnt hat (BGH NJW 2006, 1121NJW-RR 2009, 1398), waren diese gerade nicht als Zuarbeiter im Bereich der staatlichen Gefahrenabwehr oder der ordnungsbehördlichen Überwachung eingesetzt (Pflegeeltern; berufsgenossenschaftliche Unfallverhütung).

OLG Koblenz 1 U 832/15

Tja, das SGB VIII kennen eben nicht nur viele Familiengerichte nicht, sondern offenbar auch Landgerichte nicht.

Jedenfalls muss dann Amtshaftung Jugendamt wegen fehlerhaftem Gutachten erfolgen und nicht diejenige des Gutachters persönlich.

Quelle

Meldungen, Urteil selbst hier veröffentlicht

Vergleich der Eltern mit dem Jugendamt nicht veröffentlicht

Update: Angeblich soll in einem weiteren Verfahren herausgekommen sein, dass die Ausgangsexpertise doch richtig sein soll.